22.02.2016

ELDORADO Reiseblog #17 / Calí

18.02.2016 / Calí

Noch immer keine klare Ansage aus Buenaventura wegen der Bootsfahrt nach Nuqui. Wir denken mittlerweile schon über Alternativen nach - weiter nach Süden, ins Amazonas-Gebiet? Zunächst mal nach Calí, von dort ist Buenaventura noch gut zu erreichen, wenn wir eine Nachricht bekommen.
Wir brechen in San Cipriano auf, nachdem wir am Vorabend wieder bei der Theaterprobe waren und unsere kleine Aufführung zeigten - wir haben wieder ein wenig Material gesammelt und in meinen Ohren singt es noch: "Lancherito, lancherito, lancherito de la mar ...". 
Wir verabschieden uns von unseren freundlichen Gastleuten - und Maelo, der kleine Frühstückskoch erzählt uns noch seinen größten Traum: zu studieren und Modedesigner zu werden ...
Pichi, unser Moto-Draisinen-Fahrer, bringt uns wieder nach Cordoba. Nachdem eine Holländerin gestern von einem Frontalzusammenprall zweier Gefährte berichtete, war mir gar nicht so wohl, ganz vorn zu sitzen, meine Knie als Stoßdämpfer ...
Die Fahrt nach Calí ist eine Tortur, der Sprinter schaukelt uns wild durch die Kurven und es läuft wieder ein blöder Ballerfilm mit Megalautstärke, in dem irgendein Typ das Weiße Haus in Washington übernehmen will, und damit die Weltherrschaft - logisch, die Guten siegen, Geigenmusik und endlich Ruhe! Mir ist kotzübel von dem Ritt.

19.02.2016 / Calí

Gestern wurde ich an meiner kitschigsten Ader getroffen. Es war ein Workshop mit indigenen Tänzen angekündigt. Es war ein großes Volkstanzen zu verpoppten indigenen Rhythmen. Jeden Donnerstag trifft man sich hier, es tanzen Menschen aller denkbaren Hautfarben zusammen, jeden Alters, jeglicher Statur und sozialer Herkunft! Ich musste unweigerlich an Dresden denken und hatte feuchte Augen. Ich meinte, die ganze Welt könnte jetzt hier zu diesem Kreistanz zusammenkommen. Sabine meinte, ich wäre halt noch nie bei einem Kirchentag gewesen ... keine Ahnung, mich hat das gepackt und für den Moment glücklich gemacht, während ich gestern noch das Heiner-Müller-Zitat in unser Tagebuch kritzelte: "Optimismus ist lediglich ein Mangel an Information".
Weil der Park nachts geschlossen wird, gehen nach der Veranstaltung ein paar Polizisten über den Platz und weisen alle Leute freundlich darauf hin, dass man aufstehen und den Ort langsam räumen müsse - das Projekt "Weltfrieden" wird also vorerst geordnet abgebrochen ...


Salsa-Live-Konzert in der Punto Bare - erstmal Irritation, weil alles voller Tische und Stühle steht und keine Tanzfläche zu sehen ist. Dann lassen wir uns auf das Konzert ein, trinken etwas - und die Power, Lebendigkeit, Lautstärke, Leichtigkeit und Komplexität der Musik sind umwerfend! Allein das Setting: für sechs Bandmitglieder ist gerade so Platz auf der winzigen Bühne - die drei Bläser stehen auf einem Balkon - ein Hauch von Muppet-Show en latino. Der Saal kocht und wippt mit, einige Leute verschaffen sich Platz zum Tanzen. Ein Salsa-Tänzer der älteren Generation tanzt mal mit Yamile und mal mit Jule.
Als die Show vorbei ist und nach Salsa-Musik aus der Konserve läuft, übernimmt Dirk als Salsa-Clown die Szene und strapaziert unser aller Zwerchfell. Schließlich nähert sich ein Herr der alten Schule und weist ihn die Kunst ein, sich nur unterhalb des Bauchnabels zu bewegen und darüber gelassen, stolz und souverän zu bleiben - nimmt sich Sabine, demonstriert seinen Tanzstil und übergibt wieder an Dirk ...
Bevor wir wieder gehen, verbüdert sich Dirk noch mit den eingefleischten Salsa-Spezialisten und wi machen uns auf in unsere Herberge, wo es nachts um halb zwei noch immer kein Wasser gibt. Wasser ist knapp hier derzeit - zeitweilig wird die Versorgung unterbrochen ...