14.02.2016

ELDORADO Reiseblog #13 / Valledupar, Albania

02.02.2016 / Albania

Der Film "La Buena Vida" von Jens Schanze hat uns hierher gebracht.
In seinem Film thematisiert er die Verlagerung der europäischen Steinkohle-produktion nach Kolumbien, unter anderem zur Energieerzeugung in Deutschland. El Cerrejón ist der größte Steinkohletagebau der Welt. - Der Film begleitet eine Gruppe von Wayúu, die für den Steinkohlebau umgesiedelt werden. Der Konzern Cerrejón gib an, die Umsiedlung gemäß den Standards der Weltbank zu gestalten - die Wayúu, die zuvor völlig eigenständig waren und im Zusammenleben mit ihrem Fluss ihr Auskommen hatten, sollen von der versprochenen Wasserversorgung und modernen Unterkünften profitieren, das neue Land erweist sich aber als öde und unfruchtbar, eine Reise des jungen Clanoberhauptes zu einer Aktionärsversammlung nach Zürich bleibt folgenlos.

Irgendwie passt der merkwürdige Garten Eden,  in dem wir unterkommen zu unserer Reise hierher - was ist das für ein Paradiesgarten: wie eine Autowerkstatt mit Zimmervermietung und Vogelauffangstation mutet "El jardin Eden" an.
Am Ortseingang von Albania thront eine riesige Baggerschaufel mit einem großen Kohlebrocken darin als Wahrzeichen. Albania ist auf dem Weg, so etwas wie eine Vorzeigestadt zu werden, die meisten Leute hier leben vom Kohlebergbau, ein riesiger Teil davon als Security, das scheint in Kolumbien eine der größten Branchen zu sein.
Eine schnurgerade Eisenbahnlinie, die die Kohle zum betriebseigenen Hafen bringt und das riesige Gelände des Unternehmens, das trotz aufwändigster PR und engelsgleicher Selbstdarstellung nicht unumstritten ist, braucht einen gewaltigen Sicherheitsapparat.
Natürlich wollen wir die Mine besuchen, natürlich sind wir auf die rosigste Selbstdarstellung gefasst, natürlich wird das nicht viel anders aussehen als die Braunkohletagebaue in der Lausitz ... doch wir wollen das unvorstellbare Ausmaß einer Kohlemine mit eigenen Augen sehen ... Aber wir sind heute zu spät und müssen sehen, ob wir die Termine der anderen Führungen in unsere Reise integrieren können.
So laufen wir und erkunden die Stadt, reden mit einer Frau am Kulturhaus ...

Wir sitzen im Dunkeln noch vor unserem Schlafstall - mittlerweile steht der Hof voller Autos, LKWs und Jeeps mit Überrollbügel, die meisten mit dem Cerrejón-Zeichen ... Wir reden über die Mine. Wen interessieren tatsächlich die paar Indigenen, die für den Tagebau ihr Leben, ihre Kultur aufgeben müssen - eine Art zu leben, die fast niemand kennt,  und die die meisten Menschen ohnehin für rückständig und nicht zukunftsfähig halten ... allenfalls als museales und touristisches Ausstellungsstück für die vorherrschende Verwertungsgesellschaft.
Für viele hier ist der Bergbau sicher ein Glück, viele, die hier mit ihren Jeeps durch die Stadt fahren, machen den Eindruck von Gewinnern - Glücksritter, die ihr Eldorado hier gefunden haben, jedenfalls solange die Kohle reicht.
Wenigstens wird den Konzernen ein gewisses Maß an Praktiken abgetrotzt, die soziales Engagement, Renaturierung und Schadensausgleich bringen, auch wenn das nur Topfen auf heiße Steine sind - Verseuchung, Verödung, Wassermangel sind dennoch die Regel ...

Frühmorgens - mittlerweile sind alle Autos vom Hof - die Pfauen und die Hühner, die hier hausen, schreien herum und erfüllen den Ort mit gewaltigem Lärm - darum "Garten Eden", wegen der Pfauen - ein Pfau aber macht noch kein Paradies, zwischen den Maschinen wirken die Paradiesvögel eher wie verirrte, schutzlose Fremde - ihr Stolz hat sich aufgelöst, sie stolpern zwischen Autoreifen umher auf dem Platz voller Dreck und Plastiktüten - ... ein Junge kommt mit einem Papagei auf seiner Hand zu mir, als ich bei einem Pfau hocke. Der Papagei geht vorsichtig auf meine ausgesteckte Hand und sieht mich scheu an - traurige Tropen.