Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor
von Martin Baltscheit
Sonntag, 12.April 2015 um 17.00 Uhr - Societaetstheater Dresden
Hier eine Kritik von unserem Gastspiel bei den Dachauer Theatertagen aus der Süddeutschen Zeitung:
„Echtes
Mitgefühl. – Die Geschichte vom Fuchs, der dement wird, und ein gerührt
begeistertes Publikum. – Der Fuchs ist ein toller Hecht. Die jungen Füchse
bewundern ihn. Er kennt alle Tricks, jeden Schleichweg, er ist unbesiegbar.
Doch eines Tages vergisst er auf der Hasenjagd, was er eigentlich wollte.
Einige Zeit später steht er angezogen unter der Dusche. Er verwechselt Fährten,
frisst Gemüse und feiert Weihnachten im Frühling. Schließlich weiß er nicht
mehr, dass er ein Fuchs ist. Die
Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor ist ein Stück über Demenz.
Was Sabine Köhler, Heiki Ikkola und Frieder Zimmermann auf der Bühne zeigen,
ist phänomenal. Mimik und Ausdruck der beiden Schauspieler ziehen einen restlos
in ihren Bann. Ikkolas Darstellung des arglosen Hasen, eines blökenden Schafes
und des Fuchses, der sich im fortgeschrittenen Stadium seiner Demenz mit einer
Amsel unterhält, ist grandios. Wunderbar ist die Szene, in der Sabine Köhler
als Fuchs einen Brombeerbusch leer frisst. Zimmermanns Musik intensiviert das
Stück und lässt die Zuschauer tief in die Gemütswelt des Tieres blicken.
Es
gelingt den Künstlern, das Thema Demenz witzig und nachdenklich zu gestalten.
Sie nehmen die Perspektive des Fuchses, also des Dementen, ein. Das ist per se
schon eine Leistung. Darüber hinaus kommen sie aber auch ohne den kleinsten
Anflug von Selbstmitleid aus. Das Geschehen auf der Bühne ist überraschend
wild, lebendig und abenteuerlich. Der Zuschauer folgt dem Fuchs nicht auf
seinem Leidensweg, sondern begibt sich durch dessen Augen auf eine Reise in
eine Welt, die dem Leidenden erscheint wie ein Wunderland. Die Geschichte geht
einem ans Herz, ohne Mitleid zu erwecken.
Aber
wie soll es mit dem Fuchs weitergehen, der immer unselbständiger wird? Frieder
Zimmermann schlüpft in die Rolle des Erzählers: Der Fuchs wußte nichts, er fühlte nur. Ein paar Dinge fielen ihm
schwer. Er findet den Weg nach Hause
nicht mehr und spricht unten am Fluss am liebsten mit dem freundlichen Fremden,
seinem Spiegelbild. Dann kommen die beiden Sätze, die alles gut werden lassen: Er schlief nicht gern allein. Aber das mußte
er auch nicht. Der Fuchs ist zwar dement, aber nicht einsam, denn die
jungen Füchse bleiben an seiner Seite. So läßt das Theater sein Publikum
beruhigt, wenn auch mit einem melancholischen Gefühl zurück.
Es
ist ein zauberhaft gutes Ende. Nicht kitschig, nicht hoffnungslos traurig,
sondern irgendwo dazwischen. Die Begeisterung des Publikums ist riesengroß.“