31.03.2015

SONGS FOR BULGAKOW und DUNAJska Vlna im Societaetstheater Dresden

Am 10./11.April 2015 um 20.00 Uhr stehen die nächsten Vorstellungen von SONGS FOR BULGAKOW an - diesmal im Societaetstheater Dresden.

Hier sind die neuesten Kritiken zur Produktionen - viel Spass beim Lesen - wir freuen uns auf Euren und Ihren Besuch! Hier klicken für Tickets oder per Telefon: 0351 - 803 68 10.

Online-Kritik der FIDENA:

"Hemmungslose Sympathie für den Teufel - Von Andreas Herrmann

  Foto: Jean Sebastian Nass
Foto: jsn-media-art.com
Bulgakow zu verstehen, hieße Russland verstehen. Beides ist schwer, aber nötig. Just vor 75 Jahren, genau bis zum 10. März 1940, hielten Bulgakows Freunde Wache am Krankenbett und seine Frau schrieb jedes Wort des Sterbenden mit. Nun, 75 Jahre später, leisten ihm sieben Dresdner Künstler per Hommage Tribut.
 
Man kann sich für die künstlerische Leitung eines solchen Projektes weit und breit keine Verwegeneren vorstellen als die federführende Cie. Freaks & Fremde in persona von Sabine Köhler und Heiki Ikkola, die sich seit neun Jahren internationalen Kooperationen und heiklen Themen widmet und nun die drei Damen der JuWie Dance Company sowie Frieder Zimmermann und Vladimir Vaclavek an diversen, zumeist Saiteninstrumenten, dazu holten.
 
Um das, was passiert, zu verstehen, bedarf es Vorkenntnissen. Zumindest der Untertitel der neuen Dresdner Gesänge für den großen, absurden Sowjetbürger, der sich selbst an einer Ode für Stalin verhob, sollte bewusst sein: „Szenen, Tänze, Lieder, Fantasien – eine Hommage an Michail Bulgakow“. Denn es wartet kein normaler Theaterabend, sondern eine wilde Performance. Die beginnt mit Slapstick – Bulgakow hatte als Zivilarzt, nachdem er zuvor im russischem Bürgerkrieg von der ukrainischen zur Roten Armee „wechselte“, mehreren Damen diverse Körperteile zu amputieren. Sie wird zu Tanz, dann wieder kurz zu Figurentheater mit Fingerspiel, um in einem Bilderrausch zu enden, bei dem ein blauäuiger, nackter Molieré – offenbar als Metapher von Bulgakows Verhältnis zu Stalin – als Puppe dem Treiben seines verhassten Sonnenkönigs entgeistert zusieht und sinnierend über die Trümmer der Macht steigt.
 
Als Köhler kräftig knarzend „Pleased to meet you / Hope you guess my name“ in einer eigenwilligen und dennoch satten Version von „Sympathy for the Devil“ der Stones, wie alle Musik live beeindruckend gespielt, singt, und alle anderen eine pulsierende Don-Stahlstadt mittels Papprollen und unter kräftigem Schwung der roten Fahne auf- und wieder abbauen, wähnt man sich schon in abschließender Hymnenlaune und alsbald auf der angekündigten Russenparty, die korrekterweise Sowjetmugge heißen müsste.
Doch gefehlt, es wird noch einmal dramatisch, nachdem im Song per Zarenmord die Revolution ausgelöst wird: „Was Dich verwirrt, ist wohl, auf welche Art ich mein Spiel treibe“, schrieb Mick Jagger nach Genuss von „Der Meister und Margarita“ (angeblich ein Geschenk von Frau Faithfull) in seinen teuflischen Refrain. Das trifft es gut.

Ikkola, allein unter vier Grazien in einer Show, die von den ausgelösten Assoziationen und Emotionen lebt, zitiert den Meister direkt: „Auf dem weiten Feld der Literatur war ich in der UdSSR der einzige literarische Wolf. Man gab mir den Rat, mir den Pelz zu färben. Ein törichter Rat. Ob gefärbt oder geschoren – ein Wolf wird nie wie ein Pudel aussehen.“ Und einsam sterben, wenn das Rudel abfällt.
 
Draußen vor der Tür ging der Theaterabend am doppelten Premierenwochenende mit insgesamt 500 (!)  Zuschauern sofort in eine Party über: Das ganze Lab 15, ehemals als Derevo-Laboratorium bekannt und noch heute als kreativ genutzte Industriebrache mit dem Charme sowjetischer Kasernen behaftet, war dafür ganzheitlich liebevoll – so mit Freiluftsauna und Toiletten mit Plastevorhang – hergerichtet, die Nacht frostig kalt, aber klar und trocken.
 
Nach dieser Premiere ist eigentlich unvorstellbar, dieses Stück vom Norden der Stadt ins edel sanierte Barockviertel, in dem das Dresdner Societaetstheater an der ehemaligen Straße der Befreiung firmiert, zu transformieren. Doch genau dort, an der Stätte der Koproduktion, ohne jene etliche Freie viel ärger darben müssten, wird das Stück die nächsten Aufführungen erleben. Ein Vorteil des großen Saal wird sein: Das Puppenspiel, vor allem das biografische Fingerspiel in einer Pappkistenbühne, wird für alle besser zu sehen sein."

Kritik in der April-Ausgabe des SAX-Magazin:

"Ein furioses Projekt der Compagnie Freaks und Fremde. - Von Sonja Hauser.
Gestern noch Geheimtipp, heute Kunstpreisträger der Stadt Dresden! Sabine Köhler und Heiki Ikkola haben sich diesen Weg mit ihrer Compagnie Freaks und Fremde in den letzten Jahren hart erarbeitet - mit schrägen Performances, politischem Theater, internationalen Koproduktionen und Inszenierungen, in denen spürbar so viel eigenes Herzblut und good vibrations stecken, das die Zuschauer immer wieder daran teilhaben wollen.
Zuletzt kamen sie in Scharen zur Premiere von "Songs For Bulgakow" in LAB 15 im Industriegelände.  ... Das Fest für Bulgakow (der russische Dichter starb im März vor 75 Jahren) ist eine Mischung aus Theater, Musik und Tanz, das Lebensstationen und wichtige Werke des Meisters umkreist, aber auch dem damaligen wie heutigem Zeitgeist huldigt. So arbeitet sich Heiki Ikkola zu Beginn überdreht als amputierender Arzt ab, der Bulgakow in jungen Jahren war, Dann torkeln die Tänzerinnen der JuWie Dance Company als kopflose Körper gogolmäßig über die Bühne und karikieren mit gefährlich dicht am Publikum fallenden Pappröhren den Aufbau und Fortschritt im Sowjetland. Und Sabine Köhler gibt in bester Stummfilmmanier den russischen Arbeiter, der mit seiner Klappleiter ja gerne schaffen würde, aber nichts zustande bringt.
Man weiß, dass Bulgakow, nachdem er ab 1930 nicht mehr veröffentlicht wurde, persönlich an Stalin schrieb, ein "literarischer Wolf" - einsam und getrieben wirkt diese Figur auf der Bühne, wenn Heiki Ikkola seinen Wolfskopf hervorholt. Natürlich finden sich Textauszüge  aus Bulgakows berühmten Werken wieder: Die Begegnung von "Meister und Margarita" erzählt als poetisches Fingerspiel in einem Papptheater, Szenen seines Stückes "Moliere" als grotesker (Macht)Masken-Tanz. Zum Zentrum aber wird sein Verführer Teufel, der die Geschicke der Menschen durch die Jahrhunderte anheizt und auch die stärkste Szene des Stückes. Sabine Köhler singt "Sympathy for the Devil" von den Rolling Stones und ist für mich die eigentliche Entdeckung des Abends. Eine Künstlerin, die sich über die Jahre gleichermaßen als Puppenspielerin, Schauspielerin, Regisseurin profiliert hat, und nun auch als Sängerin alles gibt.
Die Musik von Vladimir Vaclavek und Frieder Zimmermann hält die Szenenfolge des Abends bis hin zu akrobatischen Einlagen zusammen. Sie malen akustisch slawische wir rockige Stimmungen, geben Tempo und Raum vor. Für die nächsten Vorstellungen ergibt sich aus dieser Komplexität eine besondere Herausforderung: die raumgreifende Inszenierung umzusetzen auf die konventionellen Bühnenverhältnisse des Kooperationspartners Societaetstheater. Wer Freaks und Fremde liebt, wird ihnen dorthin folgen!"


Am 11.April 2015 laden wir im Anschluss an die Vorstellung zu einem Konzert mit der tschechischen Band DUNAJska Vlna ins Foyer des Societaetstheaters ein.

Die Band Dunaj (Donau), durch die Persönlichkeiten wie Iva Bittová, Pavel Koudelka, Pavel Fajt oder Pavel Richter gingen, war für viele Musikfans die überhaupt beste und originelste tschechische Band der 90er Jahre. Ihre Tätigkeit endete im Jahre 1998, als im Alter von lediglich 43 Jahren der Frontmann Jiří Kolšovský starb.
Seit dieser Zeit gingen die Bandmitglieder eigene Wege, widmeten sich neuen Projekten oder begannen in anderen Bands zu spielen. Der Bitte nach einer Erneuerung von Dunaj widerstanden sie hartnäckig.
Doch die Zeiten ändern sich und die dunklen mitreißenden Lieder tauchten erneut an die Oberfläche - als Dunajska Vlna (Donauwelle), in der die Gründungsmitglieder Josef Ostřanský und Vladimír Václavek - gemeinsam mit der Schlagzeugerin Michaela Antalová - erneut ihre Kräfte vereinen. Es warten Songs aus fünf Dunaj-Alben auf Sie - voller Energie, die nicht dorthin zurückkehrt, was war, sondern nach vorne strömt, als Donauwelle. Und neue sind auf dem Weg.
Das Konzert am 11.04.2015 bestreiten  Josef Ostřanský und Vladimír Václavek ohne ihre Schlagzeugerin als intimes unplugged-Konzert. - Wir freuen uns. Die wunderbare Zusammenarbeit mit Vladimir Vaclavek wird für uns unvergesslich sein und so schnell hoffentlich nicht enden!

Dunajska Vlna