08.11.2016

RUANDA-MEMORY - heute Abend zum letzten Mal im Societaetstheater!


„Ruanda-Memory. Eine Geschichte in neun Objekten.“
Ein Theaterprojekt der Cie. Freaks und Fremde. 

10.November 2016 um 20.00 Uhr
Societaetstheater Dresden 

Liebe Freunde der unbequemen Unterhaltung! 
Vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen. Sie brannten in Deutschland. Sie brannten in Österreich. Sie brannten in der Tschechoslowakei. Organisierte Schlägertrupps setzten jüdische Geschäfte und Gotteshäuser in Brand. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Spätestens an diesem Tag konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren. Diese Nacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte der Menschheit. - "Nie wieder!", hieß es nach dem Weltkrieg. Nie wieder? Nie wieder wegsehen? -
Am 09. und 10.November 2016 zeigen wir im Societaetstheater Dresden wieder "RUANDA-MEMORY. Eine Geschichte in neun Objekten" - der unmögliche Versuch, ein Theaterstück über einen Völkermord zu machen. 
 

Eine der wichtigsten Inszenierungen der Cie. Freaks und Fremde, zum letzten Mal im Dresdner Societaetstheater. Auch wenn die Inszenierung weiter im Repertoire der Compagnie bleibt, sollte sich das Dresdner Publikum die Chance nicht entgehen lassen, die letzten Vorstellungen im Societaetstheater zu besuchen. / Tickets: Hier!


TEAM:
Sabine Köhler, Heiki Ikkola - Idee und Performance.
Tobias Herzz Hallbauer - Musik.
Rita Hausmann - Bühne.
Bärbel Haage - Puppe.
Tanja Mette-Zimmermann - Mitarbeit Text, Dramaturgie.
Judith Hellmann - Produktionsmanagement.
Jean Sebastian Nass - Fotografie, Grafik.
Licht - Beate Oxenfahrt.

Eine Produktion von Cie. Freaks und Fremde.
Gefördert durch die Kulturstiftung Sachsen, die Landeshauptstadt Dresden und das Societaetstheater Dresden.

"Wer nicht mit seinem Vater spricht, weiß nicht, was sein Großvater sagte …"

Als Völkermord in Ruanda werden unzählige Gewalttaten in Ruanda bezeichnet, die am 6. April 1994 begannen und bis Mitte Juli 1994 andauerten. Sie kosteten zirka 800.000 bis 1.000.000 Menschen das Leben. In annähernd 100 Tagen töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit sowie moderate Hutu, die sich am Völkermord nicht beteiligten oder sich aktiv dagegen einsetzten. Die Täter kamen aus den Reihen der ruandischen Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei und der Verwaltung. Zudem spielten die Milizen der Impuzamugambi sowie vor allem der Interahamwe eine besonders aktive Rolle. Weite Teile der Hutu-Zivilbevölkerung beteiligten sich am Völkermord. Der Genozid ereignete sich im Kontext eines langjährigen Konflikts zwischen der damaligen ruandischen Regierung und der Rebellenbewegung Ruandische Patriotische Front (RPF).
Im Verlauf und im Nachgang der Ereignisse wurden die Vereinten Nationen und Staaten wie die USA, Großbritannien und Belgien wegen ihrer Untätigkeit kritisiert. Dabei stand die Frage im Mittelpunkt, aus welchen Gründen eine frühzeitige humanitäre Intervention nicht erfolgte, beziehungsweise warum die vor Ort stationierten Friedenstruppen der Vereinten Nationen, die United Nations Assistance Mission for Rwanda (UNAMIR), bei Ausbruch der Gewalt nicht gestärkt, sondern verkleinert wurden. Gegen Frankreich wurde überdies der Vorwurf erhoben, sich durch die militärische Unterstützung der ruandischen Regierung an den Verbrechen beteiligt zu haben.

Zwanzig Jahre danach. Im April 2014 wird in Ruanda wie vor zwanzig Jahren die Regenzeit beginnen, als dort die lange erahnbare Katastrophe ausbrach, eine Million Menschen wurden in hundert Tagen hingeschlachtet.
Warum wollen wir unseren Blick nun wieder nach Ruanda richten, uns diese Gräuel ins Gedächtnis rufen? – Ein Theaterstück über einen  Völkermord. Wir wollen daran erinnern und erlebbar machen, wie fragil unser menschliches Miteinander ist. Nach dem Holocaust schien es einhelliger Konsens: So etwas darf nie wieder geschehen. Aber das war Wunschdenken – und Ruanda ist nur ein Beispiel. Das Agieren des „Westens“ hat in diesem Geschehen eine erhebliche Rolle gespielt. Wir richten den Blick nach Ruanda und damit an all die anderen Orte, an denen Völker bewusst ausgelöscht werden sollten, weil wir  verstehen wollen. Wie dünn ist das Eis? Wie schmal der Grat humanen Zusammenlebens? Aber was genau können wir erzählen, darstellen, wo anfangen?

Eine Geschichte in 9 Objekten.
Wir haben etliche Berichte und Interviews gesehen und gelesen, in denen uns Menschen begegnet sind, die ihre Familien verloren haben, die selber wochenlang in den Sümpfen hockten oder die nun im Gefängnis sitzen, weil sie zu den zehntausenden gehören, die ihre Nachbarn massakriert haben. Wir haben die Berichte von UNO-Soldaten gesehen, die Erklärungen von Politikern gehört. Aber am Ende fragen wir uns: Wollen und können wir wirklich einen dieser Menschen darstellen, spielen? Wie werden wir unserer Situation als Suchende und Untersuchende am besten gerecht? Aus den vielen Berichten und Erzählungen stachen am Ende eine Reihe markanter Objekte heraus,  die von sich aus viel über die Geschehnisse von 1994 erzählen. Also suchten wir weiter nach Objekten und entschieden uns letztlich, die Geschichte von Ruanda 1994 in neun Objekten zu erzählen, zu untersuchen. In unserem Projekt Ruanda-Memory setzt sich aus neun ausgewählten Objekten ein unvollständiges Puzzle zusammen. - Was als Memory-Spiel beginnt, verspinnt sich zu einer berührenden Geschichte von Menschen und Menschlichkeit.

Ein Radio, eine Machete, ein Faxgerät, mein Laptop, eine Identity-Card, ein Stück Wellblech, ein Fußball, ein Blauhelm und eine Flasche Primus-Bier werden zu Berichterstattern, zu Handlungsträgern und Zeugen. - Dahinter erscheinen Lebensgeschichten und Berichte, eine Geschichte aus Einzelteilen, biografischen Versatzstücken und offiziellen Verlautbarungen. Hinter den Objekten tauchen die Menschen auf, die diese Objekte produziert, manipuliert und eingesetzt haben. In dem Versuch, das "Nichtsagbare" auszudrücken, hinter die Kulissen zu sehen und Zusammenhänge zu erschließen, die zunächst einmal nicht offensichtlich erscheinen, lassen wir "die Dinge sprechen". Viele Erzählungen von Überlebenden machen Auslassungen, in denen die Natur, die Leere und Gebäude zum Sprechen kommen. 

Auf der Soundebene erzeugt Tobias Herzz Hallbauer eine Collage aus verschiedenen Elementen. Er reproduziert den Klang eines Landes. Der Musiker untersucht die Radiostation des "Hate-Radios" und seiner Protagonisten, Musiktitel des Jahres 1994 sind zu hören und lassen damit auch die Frage aufkommen - was habe ich, was hast du im April 1994 getan?


"RUANDA-MEMORY. A story in nine objects."
Cie. Freaks und Fremde 's theatre project about the genocide in Rwanda 1994, asking questions about how are we and our life are connected with human catastrophes all over the world like this.