Als ich
im Herbst 2011 zum ersten Mal nach Teheran flog, um Studenten der Tehran
University in verschiedenen Puppenspieltechniken zu unterrichten, erklärten
mich viele Menschen für verrückt, als würde ich in die Höhle des Löwen reisen.
Die
Arbeit im Iran, die Begegnungen mit Theatermachern, Leuten auf der Straße, die
Abende bei Freunden in diesem gastfreundlichsten Land der Welt, läßt mich seitdem nicht mehr los … Ich erlebte eine der lebendigsten Städte, die ich kenne. In den Parks sitzt und
flaniert man am Nachmittag, bis die Sonne untergeht, Wasserspiele kühlen die
Luft jenseits der verkehrschaotischen Straßen. Natürlich sitzen auch Frauen am
Steuer, man ist modebewusst, ist in sein Smartphone vernarrt, aber auch in
Bücher, geht Hand in Hand und versucht den „Schleier“ möglichst weitläufig zu
definieren.- Das
Verhältnis vieler Menschen zur Regierung ist vergleichbar mit Erfahrungen, die
wir mit dem der Partei- und Staatsführung in der DDR gemacht haben. Vielleicht
fühle ich mich deshalb sehr schnell vertraut mit allem, was mich umgibt. - Ich
rede mit einem Teeverkäufer, vor dessen Laden ich noch am späten Abend sitze,
englisch, soweit er es versteht, ein paar Brocken Farsi und
Hand-und-Fuß-Sprache eben. Ich laufe durch die Engelab-Straße, ein Kilometer
nur Buchläden, neben zahllosen persischen Büchern finden sich auf den
Buchdeckeln auch die Porträts europäischer Schriftsteller und Denker, Kafka,
Nietzsche, Shakespeare, Goethe, Büchner, Cervantes, Voltaire, Brecht,
Dostojewski, ja auch Ingo Schulze und Judith Hermann. Man kennt unsere Literatur.
Hier lebt die eigene Kultur als auch die Begegnung mit dem Fremden, ohne es als
Fremdes anzusehen, Shakespeare,
Kafka, Brecht, die europäischen Philosophen gehören hier in den
selbstverständlichen Bildungskanon. Aber was wissen wir über die persische Kultur? Wer kennt schon Rumi, Ferdosi und
Attar in Deutschland?
Ende Mai 2013 reist die Cie.Freaks und Fremde wieder nach Teheran, um gemeinsam mit dem Pantomime-Theater Paradata eine Zusammenarbeit zu beginnen. Wir
möchten mit dieser Arbeit eine, sicher fragile, Brücke zwischen unseren Ländern
spannen, über Gräben der Vorurteile und Ränkespiele politisch Verantwortlicher
hinweg. Im Sommer proben wir in Deutschland, bei der Ostrale 2013 und im Societaetstheater Dresden werden die Versionen der entstandenen Arbeit West-Östlicher Diwan # Reloaded zu sehen sein.
Das Team
Sabine Köhler, Davoud Rashidi Alavijeh, Shahab Anousha, Heiki Ikkola, Abdolreza Keshavarzahmadi, Hesameddin Mohammadianpour
Musik: Daniel Williams
Produktionsassistent: Max Reiniger
Licht: Falk Dittrich
Coaching: Harald Fuhrmann
Wir danken für die großzügige
Unterstützung unserer Förderer. Diese Arbeit wird gefördert durch den
Fonds Darstellende Künste, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen,
die Landeshauptstadt Dresden und die Botschaft der BRD in Teheran.