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DER TRAUMSCHLÜSSEL
DER TRAUMSCHLÜSSEL
Eine Theaterreise mit Bildern von René Magritte
Kritik zur Premiere:
"Und im Traum gibt es noch Tiger. - Die theatrale Bilderreise „Der Traumschlüssel“ im Theater Junge Generation ist nicht nur für Kinder ein himmlisches Vergnügen.
Eins ist spätestens jetzt klar: Auch Kinder finden es am lustigsten, wenn jemand anderes ordentlich einen auf die Mütze bekommt. Bei der Premiere des Bildertheaterstücks „Der Traumschlüssel“ auf der Studiobühne der Theaters Junge Generation in Dresden gab es jedenfalls die wildesten Lachanfälle, wenn es der Hauptfigur so richtig mies widerfuhr. Dass zwischendurch immer wieder Ruhe einkehrte, die Kindermünder stumm vor Staunen offen standen, liegt vor allem an der unnachahmlichen Fähigkeit von Heiki Ikkola, einen Raum mit winzigen Mitteln auszufüllen.
Der Puppenspieler, Darsteller und Pantomimekünstler bildet zusammen mit seiner künstlerischen Partnerin Sabine Köhler die „Cie. Freaks und Fremde“. Sie gestalteten in Koproduktion mit dem TJG eine theatrale Bilderreise für Kinder ab vier Jahren. Neben Dresden wird sie demnächst in Berlin, Dreieich und Bonn zu sehen sein. Die Künstler ließen sich von den Bildern René Magrittes inspirieren, kombinierten dessen zentrale Objekte wie Ei, Hut, Tabakspfeife oder Spiegel mit bilderreichen Szenen, fantastischen Lichtspielereien und viel Humor.
Da schlüpft aus einem großen Ei zu Beginn ein schon sehr erwachsener Mann in Feinripp und Socken. Er tastet sich durch die ihm unbekannte Welt, streitet mit einem ferngesteuerten Telefon und findet schließlich in einem Koffer die Utensilien, die ihn zum Menschen machen: Hose, Hemd, Weste und Schuhe. Und ein Hut, natürlich! Die folgende knappe Stunde ist eine Traumreise, in der es nie langweilig wird, denn dieser frisch geschlüpfte Mensch erobert sich die Welt mit den Augen eines Kindes: Voller Neugier. Dabei gibt es vor allem immer wieder etwas zu entdecken. Was die Kinder mit leisen oder lauten Zwischenrufen goutieren: „Ein Apfel!“ – „Wolken…“ – „Koffer, Koffer!“ – „Regenschirm!“
Immer wieder kommen neue kleine Wunder zum Vorschein: Ikkola kämpft mit den Ärmeln seines Jacketts, versucht, ein Frühstücksei zu bändigen und plaudert eine Runde mit einem fischigen Fabelwesen. Und er stellt fest: „Im Traum, da gibt es noch Tiger“. Äpfel regnen aus dem Himmel und eine Kolonie Koffer zieht stumm vorüber. Nur ganz selten setzt Ikkola Sprache ein, die meiste Zeit folgt ein Bild dem anderen, werden alle Sinne angesprochen und immer wieder kleine clowneske Slapstick-Einlagen eingebaut. Gern auch mal ein Rülpser.
Das Ganze ist nicht nur für Kinder bezaubernd anzusehen. Auch erwachsene Herzen, denen das Träumen längst ausgetrieben wurde, erweichen, wenn sich ein freischwebendes Fenster öffnet und Meeresrauschen auf die Bühne flutet. Die live eingespielten Toneffekte von Daniel Williams lassen einen Apfel wie ein Pferd wiehern, den anderen wie ein Baby schreien. Was einen der kleinen Zuschauer später zu der erschütternden Erkenntnis bewegt: „Der isst das Baby!“. Auch die wunderbaren Lichtspiele von Falk Dittrich tragen einen wesentlichen Teil zum Gesamtkunstwerk bei.
Als wäre es keine Absicht, tauchen immer wieder Elemente aus Magrittes Bildern auf – das nennt man dann Kunstvermittlung für die Kleinsten. Zum Glück ist „Der Traumschlüssel“ an keiner Stelle anheimelnd oder infantil-albern. Ikkola und Köhler nehmen ihre kleinen Zuschauer genauso ernst wie die großen.
(Sächsische Zeitung, Johanna Lemke)
Nächste Vorstellung:
26.01.2012 um 18.00 Uhr
im Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau bei OFF 011